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It's a match!


Heute schreibe ich ausnahmsweise mal nicht aus meinem Bett, sondern von einem Co Working Space in Köln, den ich im Übrigen sehr empfehlen kann. Das 25 Hours Hotel ist sowieso schon ein echt cooles Hotel, aber dieser Space hier.... Mega cool für alle, die kein Office haben, "irgendwas mit Medien" machen und mal wieder ein cooles Foto für ihren Instagram-Feed brauchen...

Ich muss selbst schon wieder schmunzeln, wenn ich das so vor mir hertippe, denn ich bin immer die erste, die sich über diese Generation lustig macht und doch bin ich selbst ein Teil davon. Doch liebe und lebe ich die Instagram-Welt, habe irgendwas mit Medien studiert, stehe auf Mamor und Vitra-Möbel und gehöre zum Flat-White-Club. Diese riesengroße wunderschöne Schublade ist mein Zuhause und doch, versuche ich ihr regelmäßig zu entfliehen. In letzter Zeit höre ich vermehrt den "TWENTY SOMETHING" Podcast by Lina Mallon und lese die Bücher von Michael Nast, einem Author, der sich gerne über unsere wunderbare Tinder Generation hermacht. Es ist einfach unglaublich, wie durchschaubar wir sind. Wir, und dazu gehöre ich ja auch, machen uns täglich verrückt mit Gedanken über den perfekten Job, den perfekten Partner, wählen unsere Freunde nach ihren Praktika aus, suchten vorm Schlafen gehen Instagram Stories und bewundern dort Menschen die jeden Morgen ihr Avocado-Brot essen und ihr Geld mit Produkt-Platzierung verdienen. Dabei verlieren wir aus den Augen, was wirklich zählt. Führen wir noch ernsthafte Beziehungen? Damit meine ich nicht nur die Beziehung zu seinem Freund oder seiner Freundin, sondern die zu wahrhaftigen Freunden aus dem Alltag, zu Menschen die man mal eben in einer Bar kennenlernt, zu Menschen die einem im Supermarkt begegnen und zu Menschen, bei denen man im Kiosk sein Paket abholt. Zu Menschen aus dem normalen, bunten Leben mit Jobs, die nichts mit Instagram zu tun haben, zu Menschen mit denen man vielleicht selbst gar nicht viel gemein hat und zu Menschen, von denen man nicht profitieren muss, um mit ihnen befreundet zu sein. 

Dazu eine kleine Geschichte, die mir immer wieder einfällt, wenn ich an das Dating-Verhalten dieser Generation denke. Kurz vor Weihnachten fuhr ich mit dem ICE nach Frankfurt und setzte mich ohne groß darüber nachzudenken auf einen freien Platz. Ich bemerkte, dass am Fenster ein süßer Typ saß, so ungefähr mein Alter, der sich intensiv mit seinem Handy beschäftigte. Da rollte ich schon die Augen, da man sich heute scheinbar nicht mal mehr "Hallo" sagt, wenn man sich neben jemanden setzt und war dann schnell nicht mehr überrascht, als ich sah, wie eifrig nach links und rechts geswiped wurde. Nun lasst mich die Situation nochmal zusammenfassen: Ich setzte mich also neben einen Kerl, der nicht einmal merkte, dass ich mich neben ihn gesetzt hatte und anstatt dass dieser mich einfach aus Höflichkeit begrüßte, um vielleicht zu erkennen, dass seine Traumfrau neben ihm saß, entschied er sich dafür, diese auf Tinder zu suchen. Natürlich konnte ich erkennen, welche Art von Mädchen nach links und welche nach rechts gewischt wurde... Da fiel mir dann tatsächlich nichts mehr ein und ich war plötzlich sehr froh, dass ich mich auf dieser Zugfahrt nicht mit diesem Kerl auseinandersetzen musste. Denn diese Art von Kerl sucht gar nicht seine Traumfrau, sondern Bestätigung. Bestätigung über die große Auswahl an wunderhübschen Mädchen, die man daten kann, aber nicht muss, denn man kann sich ja mal was warmhalten für eventuelle Eventualitäten und so ein bisschen Aufmerksamkeit und Bestätigung hat ja jeder gerne. Aber eigentlich ist man ja auch am liebsten Single, weil dann muss man sich nicht binden, kann sich alles offen halten und muss sich nicht so festlegen. Wäre ja doof, wenn man dann etwas Besseres finden würde und noch schlimmer, wenn man eventuell ein Trennungsgespräch führen müsste, wäre ja sehr unangenehm, denn einer emotionalen Auseinandersetzungen geht man lieber aus dem Weg. Und wenn eine der Tinderellas nicht antworten sollte oder das erste Date nicht der absolute Oberhammer war,  dann kommt eben die nächste dran: Thank you, next.

Ihr merkt, das Aggressionspotential zu dem Thema ist sehr groß und ich habe noch etliche weitere Geschichten, die verdeutlichen, wie verkorkst diese Generation ist. Doch worauf ich mit dieser Zug-Geschichte hinauswollte ist (und da schließe ich mich mit ein), dass wir alle mal wieder  von unserem Handy aufblicken sollten, uns weniger Gedanken über Instagram-Husbands machen und dafür einfach mal mit dem Menschen quatschen sollten, der im Zug neben uns sitzt. Im realen Leben bieten sich eine Millionen Möglichkeiten, richtig coole Menschen kennenzulernen, die viel mehr können, als nach links und rechts zu swipen. Und selbst wenn sich daraus lediglich witzige Begegnungen oder ernsthafte Freundschaften entwickeln, diese Begegnungen sind oft mehr wert als ein weiteres "It's a Match!".

Vielleicht matched es ja plötzlich im Supermarkt in der Zwiebel-Abteilung mit jemandem, den man in seinem Instagram-Umfeld gar nicht begegnen würde. Vielleicht tun einem diese Art von Menschen auch mal wieder gut und zeigen einem, worum es wirklich geht. Wir lassen uns beeinflussen von tollen Lebensläufen, großen Logos auf T-Shirts im Wert von 300€ und Reisen nach Capetown oder Tulum, geben uns mit den entsprechenden Menschen ab, um diesen Dingen näher zu kommen, um sie doch wieder fallen zu lassen, wenn man bessere Alternativen gefunden hat. Wir können einfach nicht zufrieden sein, mit dem was wir haben, denn wir finden sicherlich etwas "Besseres". Bessere Matches, bessere Kontakte, bessere Jobs, bessere Instagram-Feeds und vergessen dabei, dass man damit irgendwann alleine ist. 

Have a nice week!
Eure Genny


















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