Ich wusste das ganze Jahr, ich würde im September nach Paris fahren. Dennoch war ich dann noch nicht soweit, als ich um 16 Uhr in den Zug steigen musste. MUSSTE. So fühlte es sich an. Paris ist einer der schönsten Städte der Welt und ich war wahrscheinlich der einzige Mensch, der sich nicht ganz wohl bei der Sache fühlte.
Als ich ankam und aus dem Taxi starrte, fand ich alles recht schön und hübsch. Paris ist eben sehr hübsch. Ihr seht, ich bin sehr verhalten in die Stadt der Liebe gezogen und wollte aufgrund von Fernbeziehung und "ach ist in 4 Monaten eh schon wieder vorbei" nicht ganz glauben, dass ich mich jetzt einfinden müsste. Es hat ehrlicherweise zwei Wochen gedauert, bis ich es akzeptiert habe und endlich genießen konnte, in dieser unglaublichen Stadt zu leben. Zu meinem Glück habe ich eine wunderbare Wohnung gefunden, in der ich mich ganz schnell wohlfühlen durfte. Ich wohnte im 17 Arrondissement, einem Arrondissement, in dem kaum ein Tourist lebt. Dort fand ich Ruhe nach einem Tag im Trubel, den Sirenen auf den Straßen und den französischen, lautstarken Diskussionen um mich herum. Nachdem ich bereits etliche Male umgezogen bin, am anderen Ende der Welt lebte, erwartete ich nicht, abends solche Kopfschmerzen zu haben und trotzdem so tief zu schlafen wie noch nie. Ich habe die Kraft des Neuen unterschätzt und merkte schnell, dass ich nicht in Paris war um Urlaub zu machen. Ich musste in französischen Supermärkten einkaufen, einen Code an der Eingangstür eingeben, auf französisch Wasser bestellen und mich in überfüllte Bahnen quetschen. Alles in Allem war das der "härteste" Prozess, den ich bisher durchmachen musste. Hart in dem Sinne, dass ich "Neues" nicht mehr so gut wegsteckte, keine Lust mehr auf meine andauernde Rastlosigkeit hatte und mich nach einem Zuhause sehnte, dass ich doch eigentlich bereits hatte. Das mit der Fernbeziehung lief dann aber erstaunlich gut, es hat uns sogar sehr gut getan und mir wieder einen Blick auf mich selbst gegeben. Nach einer Weile musste ich Google Maps nicht mehr nutzen um die Metro zu verstehen und der Supermarkt-Einkauf dauerte auch nur noch 10 Minuten, da ich mittlerweile verstand, wo ich meine "Lieblingsprodukte" finde.
Ein einziges Problem gab es allerdings: Die Uni. Ich möchte diesen Part relativ kurz lassen, da ich Sachen erleben durfte, die keinen Platz in diesem Post verdient haben. Glücklicherweise konnten wir irgendwann darüber lachen und wir lernten es wertzuschätzen, dass wir in Deutschland eine so gute Ausbildung genießen durften.
Trotz dieser furchtbaren Erfahrung mit dem französischen Schulsystem machte es ganz plötzlich Klick, ganz unbemerkt war es auf einen Schlag da. Ich fühlte mich, ohne es mit einem besonderen Moment verknüpfen zu können, wohl. So wohl wie schon lange nicht mehr. Paris had me. Ich fing an zu genießen, täglich in ein anderes Museum gehen zu können. Zu jeder Uhrzeit ein frisches Croissant zu bekommen, "Pardon" zu hören, wenn man angerempelt wurde, die Höflichkeit und Hilfsbereitschaft von französischen Mitschülern zu erfahren und der Sprache während eines Gesprächs mit dem Taxifahrer (relativ) mächtig zu sein. In kürzester Zeit schaffte es diese Stadt mich in seinen Bann zu ziehen. Diese Architektur, diese Romantik, diese Liebe für Literatur und Statuen, für ihre eigene Sprache und all die kleinen, besonderen Boutiquen und Lebensmittelgeschäfte, die bis ins Detail durchdacht waren. Ich verstand endlich, was "Luxus" und "Service" bedeutete und warum der Stil der Französinnen so unaufgeregt war. Alles ergab plötzlich einen Sinn. Über der Stadt lag ein Schimmer, vergleichbar mit dem "Paris"-Filter in Instagram-Stories. Genauso wie der Filter, machte dieser Glitzerstaub diese Stadt perfekter und reiner. Eine Dozentin meinte einmal zu uns, in Paris funktioniert alles mit ein bisschen "Marmelade". Einfach ein bisschen Glitzer über alles streuen und schon war alles nicht mehr so schlimm. Lieber ein "Pardon" zu viel oder am besten gleich die Sätze so weit ausdehnen, bis eine unendliche Geschichte daraus wird. Es half am Ende nur noch die Akzeptanz, dass Franzosen anders durchs Leben gehen als wir. Entspannt und romantisch, mit ein bisschen Glitzer und Marmelade hier und da. Genießen wurde ein Leichtes und es machte das Leben schöner, so zu leben, wie die Pariser es tun. Wieso hetzen, wenn es doch auch gemütlich geht? Wieso den Kaffee to go trinken, wenn man sich mit einem Buch und einer Zigarette hinsetzen kann? Warum pünktlich sein, wenn alle anderen auch zu spät kommen?
So langsam fingen auch wir an, es zu glauben. Bis zu dem Moment, wo der Streik begann. Leute, ich kann es nicht in Worte fassen, aber dieser Streik hat uns aus der Bahn geworfen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er hat so an unseren Kräften gezerrt, dass wir dieses Land nicht mehr verstehen konnten. Neben unserer Anwesenheitspflicht in der Uni, wöchentlichen Abgaben und Präsentationen und mentalen Prügeleinheiten sollten wir von nun an laufen. Überall hin. Wenn man das so liest, muss man sicher schmunzeln. Was kann daran so schlimm sein, durch so eine tolle Stadt zu laufen? Der Streik verursachte ein Chaos, dass sich nur noch überhalb der Straßen aufhielt. Wer die Metro in Paris kennt, weiß wie viele Menschen sich täglich unterhalb der Stadt bewegen. nicht nur ein Stockwerk unter der Erde, sondern Etliche. Etliche Gänge und Stationen waren von nun an leer und all diese Menschen, die pendelten, in dieser Stadt lebten und arbeiteten, bewegten sich AUF den Straßen. Alle Fahrräder, Roller und sonstigen Fortbewegungsmittel waren vergriffen, Taxis und Uber kosteten das Doppelte. Man musste einfach laufen. Für mich hieß das morgens um 7 loslaufen, um um 8 in der Uni zu sein. Um 19 Uhr ging es dann zu Fuß wieder nach Hause und es gibt in Paris leider auch Ecken, die man insbesondere Nachts nicht durchqueren sollte. So sahen die letzten zwei Wochen unserer Zeit in Paris aus. Wir waren eben nicht im Urlaub, um entspannt durch die Stadt zu schlendern, sondern um uns nach einem heftigen Tag in der Uni mehrere Kilometer nach Hause zu schleppen, zu schlafen und am nächsten Tag wieder loszulaufen.
Nichtsdestotrotz haben wir versucht das Beste daraus zu machen. Wie ihr wisst, stelle ich Dinge oft überspitzt da, aber ich habe in meinem Leben noch nie so oft den Kopf geschüttelt und die Fassung bewahren müssen, wie in dieser Zeit. Dennoch - und das meine ich auch so - will ich keine Sekunde missen. Es waren so verrückte 4 Monate, die mich so immens bereichert haben. Ich habe mich in eine Stadt verliebt, die ich bis dahin einfach nicht greifen konnte. Ich vermisse es bis heute jede Sekunde. Doch nicht nur Paris als Stadt mit all seinen unendlichen Möglichkeiten, sondern das Gefühl, das es mir gegeben hat. Das stolze, unabhängige Gefühl, ein Teil dieser wunderschönen, aber wirklich wahnsinnigen Stadt zu sein.
Dieser Beitrag soll lediglich zusammenfassen, wie sich diese 4 Monate für mich angefühlt haben. Ein kleines Intro, für alle, die meine Stories nicht verfolgt haben. Habt ihr Lust auf Beiträge über Tipps und Must Do's in Paris? Lasst es mich wissen und ich werde meine Liste mit euch teilen. <3
Eure Genny
ja ja ja. ganz viele tipps. gönne mir jedes jahr zum Geburtstag paris und french open. heuer 30 ����
AntwortenLöschenkeep going mit dem bloggen ����